
Über 60% aller Unfälle von Säuglingen und Kleinkindern geschehen in den eigenen vier Wänden(1). Und das Wohnzimmer ist wahrscheinlich der erste Raum, in dem sich dein Baby regelmäßig aufhält. Für eine kindersichere Wohnung macht es also Sinn, als erstes dein Wohnzimmer kindersicher zu gestalten. In diesem Beitrag zeige ich dir alle versteckten Gefahren deines Wohnzimmers und wie du sie beheben kannst.
Der komplette Überblick : Die Wohnung kindersicher machen – Kinderunfälle vermeiden
Grundlagen für ein kindersicheres Wohnzimmer
- Ein sicherer Spielbereich
- Aufräumen ist wichtig
- Sichere Möbel
- Besonderheit Fernsehecke
- Gefährliche Bereiche
- Übrige Gefahren
Ein sicherer Spielbereich
Du brauchst nicht gleich mit dem ganzen Wohnzimmer durchstarten. Ein kleiner sicherer Bereich reicht zunächst vollkommen aus.
Du kannst diesen mit Möbelstücken „umzäunen“ und die restlichen Lücken mit Kissen füllen. Für die ersten Lebensmonate unserer Kleinen stellt dies bereits ein unüberwindliches Hindernis dar.
Sollten noch größere offene Stellen sein, können diese durch ein Schutzgitter versperrt werden. Jetzt ist nur noch ein kleiner Bereich übrig aus denen du alle Gefahren ohne großen Aufwand beseitigen kannst.
Lege den Spielbereich mit Teppichen oder schweren Decken aus, damit auch der Boden schön gepolstert und warm ist.
Sobald dein Sprössling anfängt mobiler zu werden, kannst du deine bislang gesammelten Erfahrungen gut verwenden, um auch das restliche Wohnzimmer kindersicher zu gestalten.
Im Weiteren erfährst du, wie du alle Gefahren im Spielbereich und dem Rest des Wohnzimmers beseitigst. Wenn dies gut umgesetzt ist, dann kannst du auch Mal schnell zur Tür laufen oder auf die Toilette gehen, ohne dein Baby mitnehmen zu müssen.
Aufräumen ist wichtig
Babys entdecken ihre Umwelt und Gegenstände an Anfang hauptsächlich mit ihren Lippen und der Zunge. Dort ist ihr Tastsinn am besten ausgeprägt. Kein Krümel und kein Fussel ist vor ihnen sicher.
Kleine Gegenstände stellen beim Verschlucken eine Erstickungsgefahr dar und dürfen nicht in die Hände von Säuglingen geraten. Schaue auch unter deiner Couch nach. Hier ist ein beliebter Ort für Kleinteile, die irgendwann Mal vom Tisch gefallen sind.
Alltagsabfälle
Wirf außerdem alles möglichst sofort weg, was an Müll anfällt. Mit einem Baby ist das nicht gerade wenig. Aber für alles was an erreichbaren Stellen liegt, besteht die Gefahr, dass es in neugierige Kinderhände gelangt.
Plastikfolien oder –beutel sind sogar eine regelrechte Todesfalle für Kleinkinder! Aber auch alles in Form einer Schnur sollte nur unter ständiger Beaufsichtigung zum Spielen verwendet werden.
Um sicher zu gehen, dass auch die kleinsten Versuchungen beseitigt sind, solltest du regelmäßig staubsaugen und wischen.
Gegenstände können fallen
Größere Objekte, die auf das Kind herunterfallen könnten, sollten Außerhalb des Zugriffs deines kleinen Erforschers gelagert werden. Besonders solche die splittern könnten, wie Vasen oder Gegenstände aus Glas. Generell alles was spitz oder scharf ist.
Versuche diese Gegenstände an einem hohen Ort zu lagern – auf dem Tisch, in einer Schublade oder einem Schrank. Bitte verzichte bei Tischen auf Tischdecken. Diese können leicht mitsamt allem was darauf liegt vom Tisch gezogen werden.
Auch Gegenstände die über einen Tisch oder einen Regalboden sichtbar hinausragen sind eine unwiderstehliche Einladung. Halte sie lieber versteckt.
Ordnung schaffen
Körbe sind eine ganz wundervolle Methode Ordnung zu halten und deine Gegenstände sauber sortiert zu verstauen. So ist das Zimmer aufgeräumt und trotzdem hast du alles was du brauchst in deiner Nähe.
Achte darauf keine Behälter mit einem Deckel zu verwenden. Nicht nur, dass sich dein Baby darin ein Finger oder den Arm einklemmen könnte. Schlimmstenfalls wird dein Kind im Behälter eingesperrt und es droht Erstickungsgefahr.
Sichere Möbel
Finde defekte Stellen an deinen Möbeln, indem du mit deinen Fingern über die Oberfläche streichst. Scharfkantige Unebenheiten sollten ausgebessert oder abgedeckt werden.
Ecken & Kanten
Kanten und Ecken in Bodennähe können ganz einfach mit Kissen gepolstert werden. Jedenfalls solange dein Baby sie nicht eigenständig beiseite räumen kann.
Ansonsten kannst du scharfe Kanten polstern, indem du sie mit Schaumstoff überziehst. Dazu eignet sich Rohrisolation. Manchmal wird solcher runder, länglicher Schaumstoff auch bei Paketbestellungen als Polsterungsmaterial mitgeliefert. Es lohnt sich diesen aufzuheben. Ansonsten gibt es ihn im Baumarkt zu kaufen.
Spitze Ecken können ebenso in Do-It-Yourself-Manier gepolstert werden. Ein bisschen Schaumstoff und etwas Gewebeband sollten ihren Zweck erfüllen. Auch scharfkantige Griffe können auf diese Weise präpariert werden.
Deutlich weniger Aufwand hast du, wenn du dir einen Kanten und Eckenschutz kaufst. Sie sind auch um einiges hübscher als meine selbst gebauten Varianten. Ich habe einige davon ausprobiert. Die wenigsten haben meine Anforderungen erfüllt.
Wenn du einen rundum weichen Tisch haben möchtest, bietet sich ein Ottoman an. Das ist eine Kombination aus Couch und Tisch, ohne Ecken und Kanten.
Schubladen & Schranktüren
Verschließe Schubladen und Schränke mit gefährlichen Inhalt. Dazu kannst du entweder Schubladenschlösser oder Riegel verwenden.
Der Vorteil an Schlössern ist zweifelsfrei, dass sie unsichtbar in deiner Schublade oder auch deinem Schrank verschwinden. Allerdings muss dazu etwas Platz im Innenraum übrig sein. Mit dem richtigen Produkt ist das Anbringen kinderleicht.
Im Wesentlichen gibt es zwei verschiedene Arten von Schubladenschlössern. Die einen entriegeln magnetisch und lassen sich von außen durch einen magnetischen „Schlüssel“ öffnen. Ihr Vorteil ist, dass die Schubladen stets vollständig verschlossen bleiben, solange sie nicht entriegelt werden.
Die anderen sind rein mechanisch und werden entriegelt, indem die Schublade wenige Zentimeter geöffnet und anschließend ein kleiner Hebel hereingedrückt wird. Sie sind deutlich günstiger als die magnetischen Schlösser. Sie haben aber den Nachteil, dass die Schublade auch im verriegelten Zustand ein Stück weit geöffnet werden kann.
Riegel hingegen werden von außen angebracht. Das ist deutlich weniger ansehnlich, aber manchmal nicht zu umgehen. Auch sie gibt es in verschiedenen Ausführungen.
Standfestigkeit prüfen
Stelle mit einem ausgiebigen Rütteltest sicher, dass deine Möbel standfest sind. Wenn Kippgefahr besteht, müssen sie an der Wand befestigt werden. Dass ein Schrank oder Regal kippt kann schnell passieren, wenn dein Kind versucht sich daran hochzuziehen.
Meisten kann das ganz einfach durch bereits mitgelieferte Schrauben und Dübel realisiert werden. Für deinen Fernseher wirst du aber wahrscheinlich etwas Anderes benötigen.
Besonderheit Fernsehecke
Wenn du einen freistehenden Flachbildschirm hast, dann wirst du ihn auf besondere Weise vorm Umkippen schützen müssen. Du kannst ihn natürlich an der Wand montieren. Entweder direkt oder mit einer schwenkbaren Halterung.
Wenn der Fernseher auf deinem TV-Board stehen bleiben soll, dann eignet sich ein Befestigungsband. Die richtigen Schrauben für die Rückseite deines Fernsehers werden bereits mitgeliefert. Die eine Seite wird am Fernseher befestigt und die andere entweder an der Wand oder am TV-Board. Das Band ist natürlich in der Länge verstellbar.
Das Zubehör muss auch weg
Aber nicht nur ein fallender Fernseher macht die Fernsehecke besonders gefährlich für Kinder. Dort ist nämlich auch haufenweise elektrisches Zubehör versammelt. Musikboxen, Fernbedienungen, Kabel und alles andere was man meisten in dieser Ecke vereint sollten siher verstaut. Deinen Kindern, aber auch deinen Geräten zuliebe.
Verstecke alles was eine Batterie in sich trägt oder generell lieber nicht angekaut werden soll. Das Kabelgewirr lässt sich wunderbar in einem Kabelkanal organisieren und verstecken.
Gefährliche Bereiche
Irgendwann jedoch wird dein Kleines zu neugierig werden, um dauerhaft glücklich im Spielbereich eingesperrt zu sein. Dann sollten andere Bereiche des Wohnzimmers bereits abgesichert sein.
Lüfte nur unter dauerhafter Aufsicht deines Kindes. Ansonsten ist es wichtig die Fenster immer geschlossen zu halten. Damit die Kleinen gar nicht erst die Möglichkeit erhalten auf ein Fensterbrett zu steigen, können alle Stühle und sonstige Kletterhilfen in weite Entfernung gestellt werden.
Um auf Nummer sicher zu gehen, kannst du ein Fensterschloss installieren. Das ist aber nur interessant, wenn dein Kind schon älter ist. In den ersten Jahren ist es nicht groß genug, um an Tür- oder Fenstergriffe zu kommen.
Solange du deinen Balkon oder deine Terrasse nicht absolut kindersicher gestaltet hast, dann achte bitte unbedingt darauf, dass die Tür geschlossen bleibt. Auch hier kann mit einem zusätzlichen Verschluss nachgeholfen werden.
Kamin
Du hast einen Kamin und auch die Absicht ihn tatsächlich zu verwenden? Dann muss dein kleiner Erforscher vor der Hitze geschützt werden. Ein kindersicherer Kamin wird durch ein geeignetes Schutzgitter vom Rest des Wohnzimmers abgegrenzt.
Ich empfehle einen Mindestabstand von 50cm vom Gitter zum Kamin. Es könnten aber auch mehr sein, wenn dein Kamin besonders heiß wird.
Das Zubehör (Schürhaken, Anzünder, Feuerholz) sollten ebenfalls durch das Gitter eingezäunt sein. Solltest du einen offenen Kamin haben, dann kann es zusätzlich nötig sein einen Funkenschutzschirm aufzustellen.
Die übrigen Gefahren
Gefahren für Babys entdeckt man am besten aus der Perspektive eines Babys. Suche nach ihnen mit dem Kopf in Bodennähe. So wirst du ein viel besseres Verständnis dafür erhalten, was deinem Baby tagtäglich ins Auge springt.
Wenn es irgendwie aussieht wie eine Schnur, dann werden es Babys lieben. Leider können sie sich schnell darin verwickeln und es kann auch zur echten Erstickungsgefahr werden, wenn sich Schnüre um den Hals wickeln. So viel Spaß sie zwar daran haben mögen, sie dürfen alles was länglich und flexibel ist nicht ohne Aufsicht in die Hände bekommen. Neben den bereits erwähnten Stromkabeln finden sich im Wohnzimmer noch andere Schnüre.
Jalousien und Vorhänge sind häufig mit Schnüren zum Auf- oder Beiseiteziehen versehen. Diese Gefahr lässt sich aber einfach entschärfen, indem du die Schnüre nach oben bindest. Dafür gibt es Schnurwickler, die du entweder an der Wand befestigen kannst oder die frei mit der Schnur in sicherer Höhe hängen.
So ein Scheiß
Typischerweise befinden sich im Wohnzimmer eine Vielzahl von Steckdosen. Damit hier nicht unnötig exterminiert werden kann, sollten diese mit Steckdosensicherungen versehen werden. Der Schutzmechanismus kann je nach Variante durch Drehen oder Schieben überwunden werden und sie sind günstig zu bekommen. Auch die Installation gestaltet sich leicht – eindrücken und fertig.
Teppiche und Vorleger, die keinen Rutschschutz haben, können gefährliche Stolperfallen sein. Um dies zu verhindern können dünne rutschfeste Unterleger verwendet werden. Das ist deutlich günstiger als sie durch rutschsichere Teppiche ersetzen zu müssen. Alternativ kann so ein Teppich natürlich auch einfach beseitigt werden. Bedenke allerdings, dass dein Kind noch lange Zeit unvorsichtig durch’s Wohnzimmer rennen wird.
Zu guter Letzt solltest du noch in Erfahrung bringen, ob deine Haushaltspflanzen giftig für Kinder sind. Zum Glück gibt es hier elektronische Hilfsmittel, wie die kostenlose PlantNet App, die dir schnell weiterhelfen kann. Einfach ein Foto der Pflanze machen und dir wird verraten, worum es sich handelt. Wenn du eine giftige Pflanze entdeckst, dann ist sie sicher besser an einem anderen Ort aufgehoben.
Quellen
1) Bundeszentrale zur gesundheitliche Aufklärung (BzgA): Tabelle: alters- und entwicklungsbedingte Unfallschwerpunkte