
Jetzt ist es passiert. Dein Kind hat sich verletzt und du musst den Notruf wählen. Durchatmen – Ruhe bewahren – Die 112 wählen. Aber worauf muss ich bei einem Notruf achten?
Was ist wichtig?
- Üben, üben, üben ↓
- Ruhe bewahren ↓
- Die richtige Reihenfolge ↓
- Die Fünf-W, aber richtig ↓
- Auf sich aufmerksam machen ↓
Die vielbekannten Fünf-W sind ein guter Anhaltspunkt. Aus meiner Sicht ist das jedoch zu kurz gegriffen. Ich habe einige Jahre lang selbst Notrufe entgegen genommen. Darüber hinaus habe ich mich viel mit diesem Thema beschäftigt, weil ich auch selbst in Notlagen geraten kann und dabei trotzdem noch handlungsfähig sein möchte. Ich weiß also ziemlich gut, worauf es bei einem optimalen Notruf ankommt.
Üben, üben, üben
Nichts von dem was ich dir in diesem Artikel erzähle ist leicht. Denn wenn ein Notruf notwendig wird, befindest du dich zwangsläufig in einer Ausnahmesituation. Dein Stresslevel ist am Anschlag. Solche Situationen müssen trainiert werden, um im Ernstfall gut bewältigt werden zu können.
Es spielt keine Rolle wie sicher und souverän du im Alltag bist. Wer nicht ständig mit solchen Stresssituationen konfrontiert ist, wird Fehler machen. Selbst Experten machen Fehler, wenn sie unter Stress stehen.
Nimm dir also ein Freund oder eine Freundin zur Hand und spiele Notrufe durch. Von vorne bis hinten. Damit wirst du im Ernstfall viele Fehlerquellen vermeiden können.
Ruhe bewahren
Auch das klingt so einfach und ist gleichzeitig so unglaublich schwer. Atme zwei Mal tief durch, bevor du den Hörer in die Hand nimmst. Du sparst keine Zeit, wenn du wesentliche Teile des Notrufes auslässt oder wenn du so schnell redest, dass dein Gegenüber dich nicht versteht.
Die Qualität eines Telefonats ist nicht immer optimal und du verschwendest wertvolle Zeit, wenn dein Gegenüber zu viele Gegenfragen stellen muss. Rede ruhig und in einer normalen Geschwindigkeit.
Die richtige Reihenfolge
Gefahr(en) beseitigen → Notruf absetzen → Lebensrettende Erstmaßnahmen einleiten
Diese Reihenfolge einzuhalten ist wichtig und nicht immer leicht. Ich verrate dir gleich warum. Das Wichtigste zuerst ist ganz klar alles zu beseitigen, was zu weiteren Verletzungen oder zur Verschlimmerung des aktuellen Zustands führen könnte. Das ist noch sehr intuitiv.
Rein vom Gefühl her möchte man jetzt natürlich dem Kind weiterhelfen, es betreuen oder wenn nötig auch lebensrettender Erstmaßnahmen einleiten. Das ist aber der falsche Zeitpunkt dazu. Nachdem du die Gefahr beseitigt hast, musst du unbedingt als nächstes den Notruf wählen. Das macht es ja so schwer, einen kühlen Kopf beim Notruf zu bewahren. Die Notlage besteht nämlich noch.
Sich zu überwinden erst das Telefon in die Hand zu nehmen ist aber unumgänglich. Die beste Herz-Lungen-Wiederbelebung ist nutzlos, wenn der Rettungsdienst nicht informiert wurde. Denn alles was du als Ersthelfer leisten kannst, ist den betreuungsfreien Zeitraum vom Ereignis bis zur Ankunft des Rettungsdienstes zu überbrücken. Ohne Rettungsdienst, keine Rettung.
Wenn ihr zu zweit seid, dann solltet ihr die Aufgaben natürlich verteilen. Aber wenn du alleine bist habe immer vor Augen, dass niemand kommt, wenn du nicht anrufst.
Die W-Fragen
Alles beginnt mit dem wählen der 112. Und jetzt folgt für mich eine goldene Regel des Notrufs. Beginne immer mit dem „wo“. Von mir aus sag kurz Hallo, wenn dein Anstand es nicht anders zulässt. Aber im Prinzip ist alles bis auf das „wo“ zweitrangig.
Die Verbindung kann abbrechen, du musst auflegen, irgendwas geht schief. Solange die Einsatzkräfte wissen wo du bist, können sie jemanden zu dir schicken. Ohne das „wo“ sind alle anderen Angaben nutzlos. Nenne deine Stadt, Straße, Hausnummer, Stockwert und eventuelle Beschreibungen bei schwer zu erkennenden Hauseingängen.
Als nächstes folgt da „was“. Beschreibe in deinen eigenen Worten was passiert ist. Dein Gesprächspartner wird im Einzelnen nachfragen, um den genauen Sachverhalt zu klären. Verwende keine Beschreibungen oder Fremdworte bei denen du dir nicht absolut sicher bist, dass sie zutreffen.
Damit die Besatzung des Rettungswagens weitere Anhaltspunkte hat, brauchen sie deinen Namen. Sag deinem Gesprächspartner „wer“ den Anruf tätigt und in wessen Wohnung oder Haus ihr euch befindet, falls es nicht deine eigenes sein sollte.
Wenn nicht bereits versehentlich oder im Subtext kommuniziert folgt als nächste Angabe „wie viele“ Personen betroffen sind. Für jede verletzte Person wird ein eigener Rettungswagen entsandt.
Zwar der letzte, aber eigentlich der zweit-wichtigste Punkt ist „warten“. Lege nicht auf, bevor du nicht das Ok deines Gesprächspartners bekommen hast. Warte auf Rückfragen. Sie können entscheidend sein, wenn du etwas vergessen hast.
Auf sich aufmerksam machen
Am besten ist es, wenn du in einer Notlage nicht alleine bist. Du hast dir ein Notfalltelefon mit Notfallnummern eingerichtet? Hervorragend! Ruf einen Nachbarn an und bitte um Hilfe.
Auch durch lautes Rufen kannst du auf dich aufmerksam machen. Selbst wenn eine weitere Person dir sachlich eventuell nicht weiterhelfen kann, so kann sich dich dennoch moralisch unterstützen.
Und noch viel wichtiger, sie kann den Rettungswagen einweisen. Schick sie runter auf die Straße, bis der Rettungsdienst eintrifft. So kommt dieser, ohne nach der Hausnummer und deinem Namen suchen zu müssen, schnell in deine Wohnung und dir zur Hilfe.
Anmerkung
Bitte bedenke, dass die Menschen, die im Rettungsdienst arbeiten, einer außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt sind. Auch sie können müde sein oder einfach einen schlechten Tag haben. Je besser du vorbereitet bist, desto besser könnt ihr gemeinsam den Notfall bewältigen.
Viele Sanitäter sind trotzdem sie täglich mit Tod und Leid in Kontakt sind einfühlsam und rücksichtsvoll. Nimm es ihnen aber bitte nicht übel, wenn sie nicht das Mitgefühl zeigen, dass du von guten Freunden erwarten würdest. Wenn man in diesem Beruf jedes Schicksal an sich heranließe, würde man daran zerbrechen.
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